top of page

Kompromiss oder Wandel – Wie echte Einigung gelingt

Autorenbild: Michael BauerMichael Bauer

Aktualisiert: 22. Feb.

Hast du schon einmal das Gefühl gehabt, dass ein Kompromiss nicht wirklich zufriedenstellend ist? Dass am Ende keiner so richtig glücklich ist?

Auf zwei gescheiterte Koalitionsverhandlungen hin, wobei 100 Tage die ÖVP-SPÖ und Neos verhandelt haben und 30 Tage FPÖund ÖVP, sprach der österreichische Bundespräsident Alexander Van der Bellen in seiner jüngsten Ansprache  davon, dass sich in unserer Gesellschaft eine Haltung eingeschlichen habe: Ein Kompromiss sei etwas für Verlierer.

Aber ist das wirklich so? Ich möchte das heute aus der Sicht der Sprache des Seins und der Gewaltfreien Kommunikation nach Marshall B. Rosenberg beleuchten.


Kompromiss oder Wandel, das Video zu Artikel

Warum führt ein Kompromiss oft zu Unzufriedenheit?

Ein Kompromiss bedeutet oft, dass beide Seiten etwas aufgeben müssen. Es ist ein Aushandlungsprozess auf der Strategieebene: Man sucht nicht nach einer gemeinsamen Lösung, sondern danach, was jeder bereit ist zu opfern, damit eine Einigung zustande kommt.


Das Problem dabei?


👉 Am Ende gibt es oft zwei Verlierer.

Möglicherweise sieht der Kompromiss auf den ersten Blick fair aus, doch sobald man genauer hinschaut, merkt man, dass beide Seiten nicht wirklich zufrieden sind. Das kann sogar dazu führen, dass eine der Parteien die Vereinbarung vorzeitig bricht, weil sie sich nicht wirklich damit identifizieren kann.


Die Alternative: Konsens statt Kompromiss


Ein Konsens geht einen anderen Weg. Hier wird nicht gefragt: „Was bist du bereit aufzugeben?“, sondern: „Was ist dir wirklich wichtig?“

Statt auf der Strategieebene (die konkrete Handlung) wird auf der Bedürfnisebene gesucht – das heißt, die tieferen Anliegen und Motivationen aller Beteiligten stehen im Fokus.


Ein Beispiel aus dem Alltag

Mein Freund liebt es, sich auf Konzerten auszutoben. Ich hingegen genieße es gerade mehr, meine Zeit in der Natur zu verbringen – für ihn allerdings ein No-Go.


Nun haben wir uns schon länger nicht gesehen, und vor kurzem hat er mich angerufen und gefragt: „Ich habe zwei Karten für ein Konzert – kommst du mit?“


Gleich wollte ich ja sagen, entschied mich jedoch, ehrlich und authentisch zu bleiben. Ich spürte in mich hinein und antwortete: „Konzerte sind momentan einfach nicht meins. Ich würde mich lieber draußen in der Natur mit dir treffen.“


👉 Wie sähe ein Kompromiss aus?

Einer von uns beiden hätte sagen können: „Okay, ich gehe mit dir auf das Konzert – aber dann musst du mit mir in die Natur.“


Ergebnis?

Wahrscheinlich fühlen wir uns beide dabei nicht wirklich wohl. Wir machen es dem anderen zuliebe, aber nicht aus echter Freude. Die Euphorie hält sich möglicherweise in Grenzen. Vielleicht bricht auch einer die Vereinbarung, und die Freundschaft erhält einen Riss.


👉 Wie kann ein Konsens entstehen?

Tatsächlich antwortete mein Freund: „Ich möchte mit dir aufs Konzert, der alten Zeiten willen. Ich brauche gerade einfach mal eine Auszeit von allem, ein Gefühl von Leichtigkeit, wie früher.“


Das half mir zu verstehen, worum es ihm wirklich ging: Er sehnte sich nach Leichtigkeit, nach Unbeschwertheit, nach Verbindung.


An diesem Punkt kann ich eigenständig entscheiden – und nicht auf Basis eines Deals: Möchte ich ihm dabei helfen, dieses Bedürfnis zu erfüllen?


Ich entschied mich, mit ihm zum Konzert zu gehen – nicht, weil ich mich verpflichtet fühlte, sondern weil ich seine tieferen Beweggründe verstand.


Was wäre, wenn das Konzert immer noch weit über meinem Wohlfühlrahmen liegt?

Dadurch, dass ich jetzt die Beweggründe und die Bedürfnisse meines Freundes kenne und ihm meine Bedürfnisse auch preisgebe, kann es zu einer gemeinsamen Lösung auf dieser Ebene kommen. Es ist möglich, gemeinsam eine Alternative zu finden, die ihm ebenfalls diese Leichtigkeit gibt und gleichzeitig meinem Bedürfnis nach Ruhe entspricht.


Fazit: Wahre Verbindung entsteht durch echtes Verstehen

Ein Kompromiss kann sich wie ein fauler Deal anfühlen – beide geben etwas auf und hoffen, dass es passt.

Ein Konsens dagegen bedeutet, die Bedürfnisse hinter den Wünschen zu erkennen. Wenn wir das tun, entstehen Lösungen, die sich für beide Seiten gut anfühlen – nicht, weil sie verhandelt wurden, sondern weil sie aus echtem Verstehen heraus entstanden sind.

 
 
 

Comments

Rated 0 out of 5 stars.
No ratings yet

Add a rating
bottom of page